Im Oktober 1964 konnten nach dem Mauerbau zum ersten Mal die Westberliner Anträge stellen, um ihre Verwandten 1. oder 2. Grades im Ostteil der Stadt zu besuchen. Ich war damals jung verheiratet 17 Jahre alt und hochschwanger. Die gesamte Familie meines Mannes lebte in der Ostzone, wie man sagte oder in Ostberlin. Nur er und seine Mutter hatten 1955 alles drüben stehen und liegen gelassen und waren nur mit einer Einkaufstasche gefüllt mit etwas Wäsche zum Wechseln und wichtigen Papieren per S-Bahn in den Westteil der Stadt geflüchtet.
Die Anträge für den Passierschein gab es an einem Wochenende in einigen Westberliner Schulen. Angenommen wurden sie durch Stasi-Leute, die man in DDR Post-Uniformen gesteckt hatte.
Stundenlang musste man sich dafür anstellen. Übernachtungen vor den Gebäuden in Zelten nicht ausgeschlossen. Ich weiß noch, dass meine Schwiegermutter sich mit meinem Mann immer wieder beim Warten ablöste. Da ich angeheiratet war, durfte ich mit einreisen.
Es ging um das Treffen von Bruder und Schwester meines Mannes. Der Besuch der Westberliner sollte zu Weihnachten gestattet werden. Sechs Wochen später, als man schon dachte, es würde überhaupt nicht klappen, rauschten wieder die kleinen Barkas-Busse Made in GDR an und die vermeintlichen Postangestellten besetzten die Schulen um nun die Genehmigungen auszuhändigen.
Das dauerte noch länger als bei der Antragstellung. Es war sehr nervenaufreibend. Viele warteten wieder die ganze Nacht durch.
Inzwischen waren die Verwandten im Osten der Stadt per Brief informiert und man sollte sich am Prenzlauer Berg in der kleinen Wohnung der Tante meines Mannes treffen. Als es dann am ersten Weihnachtsfeiertag soweit war, kann ich Euch gar nicht beschreiben was da an der Bornholmer Brücke los war. Der Übergang war vorgegeben. Es gab zwei Durchgänge. Auf dem einen Schild stand BÜRGER DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND und auf dem anderen EINWOHNER WESTBERLINS. Das allein war schon diskriminierend. Dann Passkontrolle, Zollkontrolle, kleine Sperre, große Sperre, enger Mauerdurchgang. Endlich sahen wir die Familie meines Mannes ganz hinten stehen. Bewacht von einem Pulk von Grenzern. Die Emotionen schlugen hoch. Lachen und Weinen. Die Familie kam aus allen Ecken der DDR zusammen. Ich kannte ja niemanden, doch man war lieb und freundlich zu mir und ich wurde genau so gedrückt und in die Arme genommen. Genau um Punkt 0.00 Uhr stand man wieder an der deutsch deutschen Grenze in der Hoffnung, dass es nicht das letzte Mal gewesen sei.
Sonntag, 15. November 2009
Ein verhinderter Ausflug
Wer die Geschichte von der Stalinallee kennt, weiß dass ich im Westberlin der 50iger Jahre aufgewachsen bin. Es war wirklich eine politisch spannende Zeit.
Die Freunde meiner Eltern wohnten in Ostberlin und vor dem Mauerbau konnte man ja von hüben nach drüben, so wie man wollte. Zwar guckten Volkspolizei, Stasi und DDR-Zoll immer in der S-Bahn nach Menschen die über die Grenze wollten. Aber überall konnten sie denn doch nicht sein.
Viele Ostberliner nutzten die S – Bahn zur Flucht in den Westen. In Marienfelde gab es das große Westberliner Aufnahmelager, das Tausenden von Menschen aus der Ostzone vorübergehend Obdach bot, bis sie in weitere Auffangstellen in die Bundesrepublik Deutschland mit dem Flugzeug gebracht wurden.
Mein Vater hatte Dienst, er war bei der Westberliner Polizei und meine Mutti war mit ihrer Freundin zu einer Dampferfahrt im Berliner Osten verabredet. Es sollte an den größten See Berlins gehen, an den Müggelsee. Meine Mutti war eine sparsame Frau, und so hatte sie Buletten, Kartoffelsalat und alles eingepackt, was man so für einen Ausflug brauchte. Da man Geld umtauschte und der Kurs 1:8 stand, war eine Fahrt in den Ostberliner Gewässern eben günstiger als über den Wannsee zu plätschern.
Man konnte nicht miteinander telefonieren, Telefonate zwischen Ost und West wurden überwacht und wer besaß schon ein Telefon? So konnte man sich nur Postkarten schreiben oder bei einem vorherigen Treffen etwas Neues verabreden.
Als wir bei der Freundin meiner Mutti ankamen, regnete es fürchterlich. Die Dampferfahrt fiel buchstäblich ins Wasser.
Doch es gastierte gerade der berühmte Ostberliner Zirkus Busch in der Stadt. Zirkus war früher eine Sensation. Also fuhren wir mit der S-Bahn dorthin.
Aber es gab für den Nachmittag keine Karten mehr und so mussten wir wieder nach Hause fahren. In der Einkaufstasche hatte meine Mutter immer noch die Buletten und den Kartoffelsalat.
Die Bahn fuhr die letzte Station im Berliner Osten an. Die nächste war der ANHALTER BAHNHOF und wir wären im Westen gewesen.
Da tippte ein Herr im Trenchcoat meiner Mutti auf die Schulter und sagte: "Unauffällig aussteigen, bitte."
Mir rutschte das Herz ich weiß nicht wohin. Sah uns mal wieder verhaftet. Man sah sich immer verhaftet.
Meine Mutter wurde in ein Häuschen auf dem Bahnhof begleitet, wo man sie gewissenhaft untersuchte und befragte und ich kam in Dienstraum des Zugabfertigers der ebenfalls mit Volkspolizei und Zollbeamten besetzt war. Auch ich wurde befragt. „Nein, ich kam nicht aus der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik. Ich kam aus Westberlin“. Wurde zum Beruf meines Vaters befragt und warum wir in die Hauptstadt gekommen waren. Sie waren aber trotzdem sehr freundlich. Und dann durfte ich gehen. Meine Mutti hatte auch ihre Aussagen gemacht und erlöst fuhr man gen Westen.
Wenn ich jetzt über 50 Jahre später überlege, dass doch meine Eltern jedes zweite Wochenende eventuell diese Schikanen auf sich genommen haben nur um ihre Freunde zu sehen, frage ich mich ob die jungen Menschen von heute auch noch willens wären Freundschaften unter ähnlichen Umständen zu führen.
Die Freunde meiner Eltern wohnten in Ostberlin und vor dem Mauerbau konnte man ja von hüben nach drüben, so wie man wollte. Zwar guckten Volkspolizei, Stasi und DDR-Zoll immer in der S-Bahn nach Menschen die über die Grenze wollten. Aber überall konnten sie denn doch nicht sein.
Viele Ostberliner nutzten die S – Bahn zur Flucht in den Westen. In Marienfelde gab es das große Westberliner Aufnahmelager, das Tausenden von Menschen aus der Ostzone vorübergehend Obdach bot, bis sie in weitere Auffangstellen in die Bundesrepublik Deutschland mit dem Flugzeug gebracht wurden.
Mein Vater hatte Dienst, er war bei der Westberliner Polizei und meine Mutti war mit ihrer Freundin zu einer Dampferfahrt im Berliner Osten verabredet. Es sollte an den größten See Berlins gehen, an den Müggelsee. Meine Mutti war eine sparsame Frau, und so hatte sie Buletten, Kartoffelsalat und alles eingepackt, was man so für einen Ausflug brauchte. Da man Geld umtauschte und der Kurs 1:8 stand, war eine Fahrt in den Ostberliner Gewässern eben günstiger als über den Wannsee zu plätschern.
Man konnte nicht miteinander telefonieren, Telefonate zwischen Ost und West wurden überwacht und wer besaß schon ein Telefon? So konnte man sich nur Postkarten schreiben oder bei einem vorherigen Treffen etwas Neues verabreden.
Als wir bei der Freundin meiner Mutti ankamen, regnete es fürchterlich. Die Dampferfahrt fiel buchstäblich ins Wasser.
Doch es gastierte gerade der berühmte Ostberliner Zirkus Busch in der Stadt. Zirkus war früher eine Sensation. Also fuhren wir mit der S-Bahn dorthin.
Aber es gab für den Nachmittag keine Karten mehr und so mussten wir wieder nach Hause fahren. In der Einkaufstasche hatte meine Mutter immer noch die Buletten und den Kartoffelsalat.
Die Bahn fuhr die letzte Station im Berliner Osten an. Die nächste war der ANHALTER BAHNHOF und wir wären im Westen gewesen.
Da tippte ein Herr im Trenchcoat meiner Mutti auf die Schulter und sagte: "Unauffällig aussteigen, bitte."
Mir rutschte das Herz ich weiß nicht wohin. Sah uns mal wieder verhaftet. Man sah sich immer verhaftet.
Meine Mutter wurde in ein Häuschen auf dem Bahnhof begleitet, wo man sie gewissenhaft untersuchte und befragte und ich kam in Dienstraum des Zugabfertigers der ebenfalls mit Volkspolizei und Zollbeamten besetzt war. Auch ich wurde befragt. „Nein, ich kam nicht aus der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik. Ich kam aus Westberlin“. Wurde zum Beruf meines Vaters befragt und warum wir in die Hauptstadt gekommen waren. Sie waren aber trotzdem sehr freundlich. Und dann durfte ich gehen. Meine Mutti hatte auch ihre Aussagen gemacht und erlöst fuhr man gen Westen.
Wenn ich jetzt über 50 Jahre später überlege, dass doch meine Eltern jedes zweite Wochenende eventuell diese Schikanen auf sich genommen haben nur um ihre Freunde zu sehen, frage ich mich ob die jungen Menschen von heute auch noch willens wären Freundschaften unter ähnlichen Umständen zu führen.
Es brennt
Ich muss so etwa fünf Jahre alt gewesen sein, da passierte etwas Furchtbares.
Wir wohnten in Zehlendorf, einem Berliner Villenvorort. Wir waren allerdings keine Villenbesitzer sondern unser Haus stand an einer großen Strasse. Es war ein Eckhaus. Sehr schön anzusehen mit viel Stuck und vom Krieg unversehrt so wie die meisten Häuser in dieser Gegend. Es gehörten drei Aufgänge zum Haus Berliner Strasse Nr.8. Wir wohnten unterm Dach. Die ganze Etage war mal vor dem Krieg ein Hotel gewesen. Auch heute noch standen über jeder Zimmertür die Nummern. Kam man in die dritte Etage, befand sich außerhalb der Wohnung ein so genanntes Etagenbad. Darin standen eine Badewanne, eine Toilette und eine mit der Hand zu betätigende Wäschemangel. Warmes Wasser gab es nicht. Von hier aus musste meine Mutti einen Eimer Wasser jeden Tag über einen 15 Meter langen Flur in unsere Küche schleppen. Denn die war auch mal ein Hotelzimmer gewesen und hatte keinen Wasseranschluss. Links von diesem "Badezimmer" führte eine schmale Treppe zu den Böden der drei Hausaufgänge.
Öffnete man die eigentliche Wohnungstür, so gingen mehrere Zimmer von dem Flur ab. Wir bewohnten diese Räume nicht allein. Es wohnte ein Ehepaar und eine alte Dame, die Mutter der jungen Frau ebenfalls noch mit uns auf dem ellenlangen Korridor.
Aber man verstand sich gut miteinander und hatte keine nachbarlichen Probleme.
Wir bewohnten die letzten beiden Zimmer auf dem Flur. Am Ende des Ganges befand sich eine schwere eiserne Brandschutztür aus den Zeiten des Krieges. Öffnete man sie, so stand man auf dem Boden unter der Kuppel des Daches. Darunter lag ein Kino. Ein ziemlich bekanntes sogar. Der Primus Palast. Hier begann die Schauspieler Karriere des berühmten Gustav Gründgens.
Unter uns lebte der Hausbesitzer mit Lebensgefährtin und Mutter. Auf der untersten Etage lagen Ausstellungsräume der Firma MIELE. Die übrigen Mieter des Hauses verteilten sich auf die anderen beiden Aufgänge.
Und jetzt komme ich zu der eigentlichen Geschichte.
Es geschah in einer Nacht in der unsere Mitbewohner nicht zu hause waren. Sie hatte irgendwelche Verwandten besucht und waren über Nacht dort geblieben.
Mitten in der Nacht wurde meine Mutti durch starken Rauch der unten vom Hinterhof hoch zog geweckt. Ich schlief im Bettchen vor den Ehebetten meiner Eltern. Meine Mutter weckte meinen Vater und mich. Die Eltern zogen sich schnell an und mein Vater bekam für mich Kleidungsstücke in die Hand gedrückt. Ich kann mich noch gut erinnern, dass er mir das Leibchen in aller Hektik verkehrt herum anzog. So saß ich da , inzwischen ganz aufgeregt auf dem Küchenstuhl. Ich hatte aber wohl keine große Angst, denn meine Eltern waren ja bei mir. Mittlerweile drang der Qualm auch durch unsere Zimmerfenster. Man hatte damals ja kaum Doppelfenster. Alles war ganz einfach gewesen.
Meine Mutti rannte den Korridor hinunter und versuchte einen Weg übers Treppenhaus in die Freiheit zu finden. Aber ganz schnell schloss sie wieder die Tür. Auch der Weg über die Böden zu den anderen Aufgängen war versperrt. Sie öffnete die Brandschutztür aber dort schlugen ihr schon die Flammen entgegen.
Nun öffnete mein Vater das Küchenfenster nach vorn zur Strasse und sah wie viele der Mieter unten vor unserem Haus standen. In Morgenmänteln und Schlafanzügen. Mehrere Löschzüge der amerikanischen Feuerwehr von der nahe liegenden Kaserne der Alliierten standen auf der Strasse und die Feuerwehrleute rannten nach hinten auf den Hof zu. Erst als meine Eltern wie verrückt aus dem Fenster schrien, fiel es auf, dass meine Eltern und ich ja gar nicht unten in der Menge standen. Man hatte an uns einfach nicht gedacht.
Nun kam ein weiterer Löschzug auf den Platz vor unser Haus gefahren. Die riesige Leiter wurde hoch bis an unser Fenster gekurbelt und ein schwarzer Feuerwehrmann sprach mir in einer Sprache gut zu, die ich nicht verstand. Er nahm mich auf den Arm und trug mich die Leiter hinunter. Erst jetzt packte mich die Angst. Vor dem Mann, der Höhe und dass ja auch meine Eltern die Leiter mit hinunter kamen.
Unten angekommen, nahmen uns Nachbarn aus einem Seitenflügel für die Nacht auf. Erst 2 Tage später konnten wir wieder in unsere leicht beschädigte Wohnung zurück. An einem Tag klopfte es an unserer Tür. Meine Mutter machte auf und da stand der schwarze Feuerwehrmann vor mir, der mir und meinen Eltern das Leben gerettet hatte. In der Hand hielt er ein knallrotes Bilderbuch mit der Aufschrift: THE LITTLE FIRE ENGINE. Ich habe dieses Bilderbuch mit wenigem Text über alles geliebt.
Später erfuhr ich, dass sieben Löschzüge im Einsatz waren und 2 Feuerwehrleute ums Leben gekommen waren. Wenn meine Mutti den Rauch nicht gerochen hätte, hätten wir nicht überlebt.
Wir wohnten in Zehlendorf, einem Berliner Villenvorort. Wir waren allerdings keine Villenbesitzer sondern unser Haus stand an einer großen Strasse. Es war ein Eckhaus. Sehr schön anzusehen mit viel Stuck und vom Krieg unversehrt so wie die meisten Häuser in dieser Gegend. Es gehörten drei Aufgänge zum Haus Berliner Strasse Nr.8. Wir wohnten unterm Dach. Die ganze Etage war mal vor dem Krieg ein Hotel gewesen. Auch heute noch standen über jeder Zimmertür die Nummern. Kam man in die dritte Etage, befand sich außerhalb der Wohnung ein so genanntes Etagenbad. Darin standen eine Badewanne, eine Toilette und eine mit der Hand zu betätigende Wäschemangel. Warmes Wasser gab es nicht. Von hier aus musste meine Mutti einen Eimer Wasser jeden Tag über einen 15 Meter langen Flur in unsere Küche schleppen. Denn die war auch mal ein Hotelzimmer gewesen und hatte keinen Wasseranschluss. Links von diesem "Badezimmer" führte eine schmale Treppe zu den Böden der drei Hausaufgänge.
Öffnete man die eigentliche Wohnungstür, so gingen mehrere Zimmer von dem Flur ab. Wir bewohnten diese Räume nicht allein. Es wohnte ein Ehepaar und eine alte Dame, die Mutter der jungen Frau ebenfalls noch mit uns auf dem ellenlangen Korridor.
Aber man verstand sich gut miteinander und hatte keine nachbarlichen Probleme.
Wir bewohnten die letzten beiden Zimmer auf dem Flur. Am Ende des Ganges befand sich eine schwere eiserne Brandschutztür aus den Zeiten des Krieges. Öffnete man sie, so stand man auf dem Boden unter der Kuppel des Daches. Darunter lag ein Kino. Ein ziemlich bekanntes sogar. Der Primus Palast. Hier begann die Schauspieler Karriere des berühmten Gustav Gründgens.
Unter uns lebte der Hausbesitzer mit Lebensgefährtin und Mutter. Auf der untersten Etage lagen Ausstellungsräume der Firma MIELE. Die übrigen Mieter des Hauses verteilten sich auf die anderen beiden Aufgänge.
Und jetzt komme ich zu der eigentlichen Geschichte.
Es geschah in einer Nacht in der unsere Mitbewohner nicht zu hause waren. Sie hatte irgendwelche Verwandten besucht und waren über Nacht dort geblieben.
Mitten in der Nacht wurde meine Mutti durch starken Rauch der unten vom Hinterhof hoch zog geweckt. Ich schlief im Bettchen vor den Ehebetten meiner Eltern. Meine Mutter weckte meinen Vater und mich. Die Eltern zogen sich schnell an und mein Vater bekam für mich Kleidungsstücke in die Hand gedrückt. Ich kann mich noch gut erinnern, dass er mir das Leibchen in aller Hektik verkehrt herum anzog. So saß ich da , inzwischen ganz aufgeregt auf dem Küchenstuhl. Ich hatte aber wohl keine große Angst, denn meine Eltern waren ja bei mir. Mittlerweile drang der Qualm auch durch unsere Zimmerfenster. Man hatte damals ja kaum Doppelfenster. Alles war ganz einfach gewesen.
Meine Mutti rannte den Korridor hinunter und versuchte einen Weg übers Treppenhaus in die Freiheit zu finden. Aber ganz schnell schloss sie wieder die Tür. Auch der Weg über die Böden zu den anderen Aufgängen war versperrt. Sie öffnete die Brandschutztür aber dort schlugen ihr schon die Flammen entgegen.
Nun öffnete mein Vater das Küchenfenster nach vorn zur Strasse und sah wie viele der Mieter unten vor unserem Haus standen. In Morgenmänteln und Schlafanzügen. Mehrere Löschzüge der amerikanischen Feuerwehr von der nahe liegenden Kaserne der Alliierten standen auf der Strasse und die Feuerwehrleute rannten nach hinten auf den Hof zu. Erst als meine Eltern wie verrückt aus dem Fenster schrien, fiel es auf, dass meine Eltern und ich ja gar nicht unten in der Menge standen. Man hatte an uns einfach nicht gedacht.
Nun kam ein weiterer Löschzug auf den Platz vor unser Haus gefahren. Die riesige Leiter wurde hoch bis an unser Fenster gekurbelt und ein schwarzer Feuerwehrmann sprach mir in einer Sprache gut zu, die ich nicht verstand. Er nahm mich auf den Arm und trug mich die Leiter hinunter. Erst jetzt packte mich die Angst. Vor dem Mann, der Höhe und dass ja auch meine Eltern die Leiter mit hinunter kamen.
Unten angekommen, nahmen uns Nachbarn aus einem Seitenflügel für die Nacht auf. Erst 2 Tage später konnten wir wieder in unsere leicht beschädigte Wohnung zurück. An einem Tag klopfte es an unserer Tür. Meine Mutter machte auf und da stand der schwarze Feuerwehrmann vor mir, der mir und meinen Eltern das Leben gerettet hatte. In der Hand hielt er ein knallrotes Bilderbuch mit der Aufschrift: THE LITTLE FIRE ENGINE. Ich habe dieses Bilderbuch mit wenigem Text über alles geliebt.
Später erfuhr ich, dass sieben Löschzüge im Einsatz waren und 2 Feuerwehrleute ums Leben gekommen waren. Wenn meine Mutti den Rauch nicht gerochen hätte, hätten wir nicht überlebt.
Große Wäsche
Oft erinnere ich mich an die Zeiten meiner Kindheit in den frühen 50er Jahren. Besonders spannend bleibt mir dabei der Waschtag in Erinnerung. Für mich als kleines Mädchen eine aufregende Sache.
Wir wohnten in einem Mietshaus in einem Aufgang, der mal ein Hotel gewesen war. Das allerdings lag noch länger zurück. Nämlich vor dem II. Weltkrieg. Nun wohnten wir ganz allein im Aufgang 1 mit dem Hausbesitzer unter uns und jeder Menge leer stehender Büroräume.
Aber es gab für die Mieter aller drei Aufgänge eine einzige Waschküche deren Schlüssel man einmal im Monat bekam und die meine Mutti aushändigte. Denn sie war die Hauswartsfrau.
Einen ganzen Monat war Schmutzwäsche gesammelt worden. Allerdings wurde nicht jeden Tag die Unterwäsche gewechselt und zur Schonung meiner Kleider bekam ich eine Schürze verpasst, die ich bei den Mahlzeiten trug.
Waren wir also dran mit dem Waschtag, so begann es schon am Abend zuvor ziemlich aufregend.
Die Waschküche befand sich auf dem Boden des letzten Aufgangs.
Mit einer Kerze in der einen Hand und einem großen Wäschekorb in der anderen, schleppte meine Mutter gemeinsam mit meinem Vater die riesige Ladung von Weiß - und Buntwäsche über die dunklen Böden von Hausaufgang 2 und 3. Ich war mit dabei um die schweren Brandschutztüren zwischen den einzelnen Treppenfluren aufzuhalten. Manchmal raschelte es hier und da hinter den Holzverschlägen, in denen Mieter altes Zeug aufbewahrt hatten. Das waren Ratten, vor denen meine Mutter fürchterliche Angst hatte oder Fledermäuse, die von den Balken kopfüber herabhingen und gestört wurden.
Geschichten gab es auch über diese Böden. Verfolgte Juden in der Nazizeit hatten hier Unterschlupf gefunden und wurden während der ganzen Kriegszeit über von einer Mieterin versteckt und versorgt.
Waren wir endlich in der Waschküche angekommen, so wurde unter einem großen Waschkessel Feuer gemacht und wir blieben so lange dort, jedenfalls meine Mutter und ich bis das Wasser heiß genug war. Dann wurde die Weißwäsche hineingetan und dazu Kernseife und Waschpulver. Das Feuer wurde wieder gelöscht und nun konnte die Wäsche über Nacht einweichen.
Am nächsten Morgen durfte ich dann , sofern ich keine Schule hatte "mithelfen". Es war aber kein Helfen sondern ein Herumpanschen im Wasser.
Nun wurde die Wäsche mit einem Wäschestock in eine riesige Zinkwanne befördert. Dort wurde mit Hilfe eines Waschbretts gerubbelt und gerubbelt, bis sich fast die Haut an den Händen meiner Mutti löste.
Danach wieder in einem anderen Zinkgefäß gespült, bis das Wasser klar war.
Dann ging es auf den Hängeboden mit der zuvor mit der Hand ausgewrungenen Wäsche.
War alles ein oder zwei Tage später trocken, dann wurde die Wäschemangel in Betrieb genommen, die bei uns in der Badestube stand.
Und endlich alles schrankfertig gelegt.
Als bei uns ins Haus die Firma Miele einzog und dort im zweiten Stockwerk Waschmaschinen vorführte, war mein Vater der erste Käufer einer elektrischen Wäscheschleuder, die meiner Mutter wenigstens das Wringen der klitschnassen Wäsche ersparte.
Heute in der Zeit moderner Waschmaschinen kann man sich das gar nicht mehr vorstellen, wie hart früher doch eine Hausfrau gearbeitet hat. Was für mich ein lustiges Abenteuer war, für meine Mutti war es der härteste Job.
Wir wohnten in einem Mietshaus in einem Aufgang, der mal ein Hotel gewesen war. Das allerdings lag noch länger zurück. Nämlich vor dem II. Weltkrieg. Nun wohnten wir ganz allein im Aufgang 1 mit dem Hausbesitzer unter uns und jeder Menge leer stehender Büroräume.
Aber es gab für die Mieter aller drei Aufgänge eine einzige Waschküche deren Schlüssel man einmal im Monat bekam und die meine Mutti aushändigte. Denn sie war die Hauswartsfrau.
Einen ganzen Monat war Schmutzwäsche gesammelt worden. Allerdings wurde nicht jeden Tag die Unterwäsche gewechselt und zur Schonung meiner Kleider bekam ich eine Schürze verpasst, die ich bei den Mahlzeiten trug.
Waren wir also dran mit dem Waschtag, so begann es schon am Abend zuvor ziemlich aufregend.
Die Waschküche befand sich auf dem Boden des letzten Aufgangs.
Mit einer Kerze in der einen Hand und einem großen Wäschekorb in der anderen, schleppte meine Mutter gemeinsam mit meinem Vater die riesige Ladung von Weiß - und Buntwäsche über die dunklen Böden von Hausaufgang 2 und 3. Ich war mit dabei um die schweren Brandschutztüren zwischen den einzelnen Treppenfluren aufzuhalten. Manchmal raschelte es hier und da hinter den Holzverschlägen, in denen Mieter altes Zeug aufbewahrt hatten. Das waren Ratten, vor denen meine Mutter fürchterliche Angst hatte oder Fledermäuse, die von den Balken kopfüber herabhingen und gestört wurden.
Geschichten gab es auch über diese Böden. Verfolgte Juden in der Nazizeit hatten hier Unterschlupf gefunden und wurden während der ganzen Kriegszeit über von einer Mieterin versteckt und versorgt.
Waren wir endlich in der Waschküche angekommen, so wurde unter einem großen Waschkessel Feuer gemacht und wir blieben so lange dort, jedenfalls meine Mutter und ich bis das Wasser heiß genug war. Dann wurde die Weißwäsche hineingetan und dazu Kernseife und Waschpulver. Das Feuer wurde wieder gelöscht und nun konnte die Wäsche über Nacht einweichen.
Am nächsten Morgen durfte ich dann , sofern ich keine Schule hatte "mithelfen". Es war aber kein Helfen sondern ein Herumpanschen im Wasser.
Nun wurde die Wäsche mit einem Wäschestock in eine riesige Zinkwanne befördert. Dort wurde mit Hilfe eines Waschbretts gerubbelt und gerubbelt, bis sich fast die Haut an den Händen meiner Mutti löste.
Danach wieder in einem anderen Zinkgefäß gespült, bis das Wasser klar war.
Dann ging es auf den Hängeboden mit der zuvor mit der Hand ausgewrungenen Wäsche.
War alles ein oder zwei Tage später trocken, dann wurde die Wäschemangel in Betrieb genommen, die bei uns in der Badestube stand.
Und endlich alles schrankfertig gelegt.
Als bei uns ins Haus die Firma Miele einzog und dort im zweiten Stockwerk Waschmaschinen vorführte, war mein Vater der erste Käufer einer elektrischen Wäscheschleuder, die meiner Mutter wenigstens das Wringen der klitschnassen Wäsche ersparte.
Heute in der Zeit moderner Waschmaschinen kann man sich das gar nicht mehr vorstellen, wie hart früher doch eine Hausfrau gearbeitet hat. Was für mich ein lustiges Abenteuer war, für meine Mutti war es der härteste Job.
Besuch bei Tante Friedel
Meine Tante Friedel war eigentlich gar nicht meine Tante. Sie war mit keinem in unserer Familie verwandt. Sie war die Frau von Onkel Heini und der war der ehemalige Schwager meines Vaters.
Die Ehe dieser Schwester mit Onkel Heini war schon geschieden worden zu einer Zeit zu der ich noch nicht mal auf der Welt war. Onkel Heini hat dann irgendwann wieder geheiratet und da sich alle sympathisch waren wurde dieser Kontakt aufrechterhalten.
Mehrere Male im Jahr besuchten wir Tante Friedel und den Onkel. Ich freute mich immer auf den Besuch bei den beiden alten Leuten. Schon allein der Grund dass es dort Kuchen mit Schlagsahne gab, war ausschlaggebend für meine Begeisterung. Bei uns zu Haus gab es zwar Sonntags auch Kuchen aber das war ein angerührter Sand - oder Marmorkuchen. Bei Tante Friedel dagegen gab es Torte. Etwas ganz besonderes für die frühen 50er Jahre.
Diese Besuche waren immer schon lange zuvor geplant. Da es kein Telefon gab, schrieben die Eltern Karten.
Wir mussten eine Weile mit der S-Bahn fahren um in den Wedding zu gelangen. Die Ringbahn war im Krieg zerstört worden und wir wohnten im Südwesten Berlins.
Das Haus allein schon war wunderbar. Eine richtige große Stadtvilla, mit Putten, welche die Balkone trugen. Einfach wunderschön. Die Haustür stand immer offen. Wobei das Wort Haustür nicht ganz zu traf. Es handelte sich eher um ein Portal. Im Treppenaufgang befanden sich Marmorsäulen und das Geländer war aus herrlich gedrechseltem Holz gearbeitet. Die Wohnungstür hatte keine Klingel, sondern einen Klopfer in Form eines Löwenkopfes. Ich durfte den laut klopfend betätigen.
Tante Friedel war eine große stattliche Frau mit einem eher männlichen Gesicht. In einem schwarzen Rock und einer weißen Spitzenbluse, die oben am ersten Knopf mit einer Brosche aus Bernstein zusammengehalten wurde, sah sie aus wie Adele Sandrock, die ich aus alten Filmen kannte. In diesem Bernstein war ein kleiner Käfer eingeschlossen. Der tat mir immer so Leid und ich machte mir so meine Gedanken um ihn wie er da wohl zu Tode gekommen war.
Lächelnd stand sie in der Tür und geleitete uns ins Wohnzimmer. Wir durften nach dem wir im Flur abgelegt hatten uns auf das alte mit dunkelrotem Samt ausgeschlagene Sofa setzen. Über meinem Kopf befand sich ein Spitzendeckchen mit der Aufschrift :
Nur ein Viertelstündchen.
Vor dem Sofa stand ein großer Esstisch mit gedrechselten Stühlen deren Polster ebenfalls mit rotem Samt ausgeschlagen waren. Ich bekam zwei Kissen unter meinen Po geschoben, damit ich an den Tisch heranreichte.
Tante Friedel hatte den Tisch mit feinem chinesischem Porzellan gedeckt. Die Tischdecke hatte viel Fransen aus denen ich immer Zöpfe flocht wenn gerade niemand hinsah. Erwünscht war das nicht unbedingt, da es eine Menge Arbeit machte die Knoten nach meinem Besuch wieder aufzuknüppern wie mir meine Mutter dann jedesmal aufs Neue auf dem Nachhauseweg erklärte.
In der Ecke stand die große Standuhr, die alle halbe Stunde mit warmem Klang schlug.
Über dem Büfett hingen zwei Centauren aus Messing, die mich irgendwie faszinierten. Die ganze Wohnzimmereinrichtung bestand aus Möbeln der Gründerzeit und Tante Friedel hatte sie von ihren Eltern übernommen.
Jetzt gab es für die Erwachsenen Kaffee und für mich einen großen Topf mit feinster Schokolade und natürlich die Torte mit Schlagsahne. Sie war obligatorisch. Nach dem Kaffee trinken holte Tante Friedel aus dem Vertikov das Dominospiel mit dem ich mich nun beschäftigte. Das tollste aber an diesen Besuchen kam, wenn Onkel Heini aufstand, zum Klavier ging, den Deckel hochklappte und ein paar Operettenmelodien anstimmte. Tante Friedel stellte sich neben ihn und begleitete ihn gesanglich dabei. Ich war jedes Mal restlos begeistert und freute mich schon auf den nächsten Besuch.
Die Ehe dieser Schwester mit Onkel Heini war schon geschieden worden zu einer Zeit zu der ich noch nicht mal auf der Welt war. Onkel Heini hat dann irgendwann wieder geheiratet und da sich alle sympathisch waren wurde dieser Kontakt aufrechterhalten.
Mehrere Male im Jahr besuchten wir Tante Friedel und den Onkel. Ich freute mich immer auf den Besuch bei den beiden alten Leuten. Schon allein der Grund dass es dort Kuchen mit Schlagsahne gab, war ausschlaggebend für meine Begeisterung. Bei uns zu Haus gab es zwar Sonntags auch Kuchen aber das war ein angerührter Sand - oder Marmorkuchen. Bei Tante Friedel dagegen gab es Torte. Etwas ganz besonderes für die frühen 50er Jahre.
Diese Besuche waren immer schon lange zuvor geplant. Da es kein Telefon gab, schrieben die Eltern Karten.
Wir mussten eine Weile mit der S-Bahn fahren um in den Wedding zu gelangen. Die Ringbahn war im Krieg zerstört worden und wir wohnten im Südwesten Berlins.
Das Haus allein schon war wunderbar. Eine richtige große Stadtvilla, mit Putten, welche die Balkone trugen. Einfach wunderschön. Die Haustür stand immer offen. Wobei das Wort Haustür nicht ganz zu traf. Es handelte sich eher um ein Portal. Im Treppenaufgang befanden sich Marmorsäulen und das Geländer war aus herrlich gedrechseltem Holz gearbeitet. Die Wohnungstür hatte keine Klingel, sondern einen Klopfer in Form eines Löwenkopfes. Ich durfte den laut klopfend betätigen.
Tante Friedel war eine große stattliche Frau mit einem eher männlichen Gesicht. In einem schwarzen Rock und einer weißen Spitzenbluse, die oben am ersten Knopf mit einer Brosche aus Bernstein zusammengehalten wurde, sah sie aus wie Adele Sandrock, die ich aus alten Filmen kannte. In diesem Bernstein war ein kleiner Käfer eingeschlossen. Der tat mir immer so Leid und ich machte mir so meine Gedanken um ihn wie er da wohl zu Tode gekommen war.
Lächelnd stand sie in der Tür und geleitete uns ins Wohnzimmer. Wir durften nach dem wir im Flur abgelegt hatten uns auf das alte mit dunkelrotem Samt ausgeschlagene Sofa setzen. Über meinem Kopf befand sich ein Spitzendeckchen mit der Aufschrift :
Nur ein Viertelstündchen.
Vor dem Sofa stand ein großer Esstisch mit gedrechselten Stühlen deren Polster ebenfalls mit rotem Samt ausgeschlagen waren. Ich bekam zwei Kissen unter meinen Po geschoben, damit ich an den Tisch heranreichte.
Tante Friedel hatte den Tisch mit feinem chinesischem Porzellan gedeckt. Die Tischdecke hatte viel Fransen aus denen ich immer Zöpfe flocht wenn gerade niemand hinsah. Erwünscht war das nicht unbedingt, da es eine Menge Arbeit machte die Knoten nach meinem Besuch wieder aufzuknüppern wie mir meine Mutter dann jedesmal aufs Neue auf dem Nachhauseweg erklärte.
In der Ecke stand die große Standuhr, die alle halbe Stunde mit warmem Klang schlug.
Über dem Büfett hingen zwei Centauren aus Messing, die mich irgendwie faszinierten. Die ganze Wohnzimmereinrichtung bestand aus Möbeln der Gründerzeit und Tante Friedel hatte sie von ihren Eltern übernommen.
Jetzt gab es für die Erwachsenen Kaffee und für mich einen großen Topf mit feinster Schokolade und natürlich die Torte mit Schlagsahne. Sie war obligatorisch. Nach dem Kaffee trinken holte Tante Friedel aus dem Vertikov das Dominospiel mit dem ich mich nun beschäftigte. Das tollste aber an diesen Besuchen kam, wenn Onkel Heini aufstand, zum Klavier ging, den Deckel hochklappte und ein paar Operettenmelodien anstimmte. Tante Friedel stellte sich neben ihn und begleitete ihn gesanglich dabei. Ich war jedes Mal restlos begeistert und freute mich schon auf den nächsten Besuch.
1955 / Besuch in der Ostberliner Stalinallee
In den fünfziger Jahren, mitten im Kalten Krieg bin ich groß geworden. In Westberlin.
Die Freunde meiner Eltern lebten allerdings in Ostberlin. Jedes zweite Wochenende waren wir "drüben". Die Entfernung innerhalb Berlins war einfach zu groß, um von Zehlendorf nach Friedrichshain spät abends nach Hause zu fahren. Also blieb man über Nacht.
Die Ringbahn war noch nicht wieder in Betrieb.
Ich kannte mich also gut aus, rund herum um den Alexanderplatz.
Ich muss so ca. 8 Jahre alt gewesen sein. Eine Verwandte meiner Mutter kam aus Görlitz , dass in der sowjetisch besetzten Zone lag , wie man damals noch sagte zu Besuch nach Westberlin. Das Wort DDR war für Menschen im Westen noch nicht im Sprachgebrauch.
Eines Tages wollte sie so gern eine alte Freundin in Ostberlin besuchen. Sie kannte sich aber überhaupt nicht in der Stadt aus.
Da meinte meine Mutter:" Nimm doch Ursel mit, die zeigt Dir wie Du fahren musst".
Die Adresse war die "Stalinallee", die gerade im sowjetischen Zuckerbäckerstil neu erbaut worden war. Heute heißt sie wieder "Frankfurter Allee", wie vor dem II. Weltkrieg.
Dort wohnte also die Freundin. Erwähnen muss ich noch, dass mein Vater bei der Polizei in Westberlin beschäftigt war und das er jedes mal wenn wir nach Ostberlin hinüber fuhren, seinen Dienstausweis im Westen lassen musste, denn es war nicht so gern von beiden Seiten gesehen. Spionageanwerbung fand im großen Stil statt.
Nun stand ich also mit Tante Hilde vor dem Eingang des Hauses. Es gab sogar glaube ich, einen Fahrstuhl. Die Tante klingelte an der Wohnungstür und nach kurzer Zeit wurde geöffnet.
Zu meinem Schrecken stand da ein Mann in Volkspolizeiuniform im Flur. Er war wohl gerade vom Dienst heimgekommen. Meine Tante hatte Glück.
Er bat uns in die Wohnung hinein. Ich wäre am liebsten vor der Tür geblieben und hätte gern im Hausflur gewartet. Aber die Tante zottelte mich hinter sich her. Der Mann war sehr freundlich, machte Kaffee und ich bekam eine Brause. Ich traute mich kaum einen Schluck zu trinken.
Nach einigen Minuten tauchte noch ein Junge mit Pionierhalstuch auf, der ungefähr in meinem Alter sein musste. Wir wurden in sein Kinderzimmer geschickt. Damals hatten Kinder bei Erwachsenengesprächen nichts zu suchen, und so zogen wir ab. Da guckte ich mir nun das Spielzeug des Jungen an und fand heraus, dass es sich kaum von dem unterschied, was ein Westberliner Junge gleichen Alters so besaß.
Irgendwann wurde ich wieder ins Wohnzimmer gerufen und so ziemlich an der Wohnungstür fragte mich der Mann noch, was mein Vater denn beruflich so machen würde. Ich war wie erstarrt und konnte kein Wort herausbringen.
Als Tante Hilde dann ganz locker meinte mein Vater wäre bei der Polizei im Westen, sah ich mich und meine ganze Familie schon verhaftet. Aber er erwiderte nur:" Ach ein Kollege". Man verabschiedete sich und wir fuhren nach Hause. Die Freundin hatte meine Tante leider nicht angetroffen, aber sie versprach den Besuch zu wiederholen.
Und es passierte nichts weiter. Bis zum letzten S-Bahnhof im Osten sah ich mich jedesmal verhaftet, wenn ein Mann das Abteil betrat. Endlich am Anhalter Bahnhof atmete ich auf.
Ja, so waren die Zeiten damals.
Einer hatte Angst vor dem Anderen. Selbst auf die Kinder griff das über.
Die Freunde meiner Eltern lebten allerdings in Ostberlin. Jedes zweite Wochenende waren wir "drüben". Die Entfernung innerhalb Berlins war einfach zu groß, um von Zehlendorf nach Friedrichshain spät abends nach Hause zu fahren. Also blieb man über Nacht.
Die Ringbahn war noch nicht wieder in Betrieb.
Ich kannte mich also gut aus, rund herum um den Alexanderplatz.
Ich muss so ca. 8 Jahre alt gewesen sein. Eine Verwandte meiner Mutter kam aus Görlitz , dass in der sowjetisch besetzten Zone lag , wie man damals noch sagte zu Besuch nach Westberlin. Das Wort DDR war für Menschen im Westen noch nicht im Sprachgebrauch.
Eines Tages wollte sie so gern eine alte Freundin in Ostberlin besuchen. Sie kannte sich aber überhaupt nicht in der Stadt aus.
Da meinte meine Mutter:" Nimm doch Ursel mit, die zeigt Dir wie Du fahren musst".
Die Adresse war die "Stalinallee", die gerade im sowjetischen Zuckerbäckerstil neu erbaut worden war. Heute heißt sie wieder "Frankfurter Allee", wie vor dem II. Weltkrieg.
Dort wohnte also die Freundin. Erwähnen muss ich noch, dass mein Vater bei der Polizei in Westberlin beschäftigt war und das er jedes mal wenn wir nach Ostberlin hinüber fuhren, seinen Dienstausweis im Westen lassen musste, denn es war nicht so gern von beiden Seiten gesehen. Spionageanwerbung fand im großen Stil statt.
Nun stand ich also mit Tante Hilde vor dem Eingang des Hauses. Es gab sogar glaube ich, einen Fahrstuhl. Die Tante klingelte an der Wohnungstür und nach kurzer Zeit wurde geöffnet.
Zu meinem Schrecken stand da ein Mann in Volkspolizeiuniform im Flur. Er war wohl gerade vom Dienst heimgekommen. Meine Tante hatte Glück.
Er bat uns in die Wohnung hinein. Ich wäre am liebsten vor der Tür geblieben und hätte gern im Hausflur gewartet. Aber die Tante zottelte mich hinter sich her. Der Mann war sehr freundlich, machte Kaffee und ich bekam eine Brause. Ich traute mich kaum einen Schluck zu trinken.
Nach einigen Minuten tauchte noch ein Junge mit Pionierhalstuch auf, der ungefähr in meinem Alter sein musste. Wir wurden in sein Kinderzimmer geschickt. Damals hatten Kinder bei Erwachsenengesprächen nichts zu suchen, und so zogen wir ab. Da guckte ich mir nun das Spielzeug des Jungen an und fand heraus, dass es sich kaum von dem unterschied, was ein Westberliner Junge gleichen Alters so besaß.
Irgendwann wurde ich wieder ins Wohnzimmer gerufen und so ziemlich an der Wohnungstür fragte mich der Mann noch, was mein Vater denn beruflich so machen würde. Ich war wie erstarrt und konnte kein Wort herausbringen.
Als Tante Hilde dann ganz locker meinte mein Vater wäre bei der Polizei im Westen, sah ich mich und meine ganze Familie schon verhaftet. Aber er erwiderte nur:" Ach ein Kollege". Man verabschiedete sich und wir fuhren nach Hause. Die Freundin hatte meine Tante leider nicht angetroffen, aber sie versprach den Besuch zu wiederholen.
Und es passierte nichts weiter. Bis zum letzten S-Bahnhof im Osten sah ich mich jedesmal verhaftet, wenn ein Mann das Abteil betrat. Endlich am Anhalter Bahnhof atmete ich auf.
Ja, so waren die Zeiten damals.
Einer hatte Angst vor dem Anderen. Selbst auf die Kinder griff das über.
Onkel Hans
Onkel Hans war nicht mein Onkel.
Er war der ewige Verlobte meiner Tante Dolly, die auch nicht Dolly sondern Gerda hieß. Diesen Namen lehnte sie jedoch total ab.
War ich mit Tante Gerda allein, so bestand diese darauf, dass ich sie Dolly nannte. War meine Mutter zugegen, so legte die wiederum Wert auf „Tante Gerda“. Auch Onkel Hans musste „Dolly“ sagen.
Meine Mutter fand dieses Verwirrspiel um den Namen Dolly absolut affig. Nannte die feinen Netze, die Tante Dolly über ihrer Frisur zum Schutze gegen Sturm und Regen trug, immer leicht abfällig Kartoffelnetze.
Diese Tante war eine Cousine meiner Mutter und stammte ebenfalls aus Schlesien. Wie fast alle Berliner dieser Generation aus Schlesien oder Pommern kamen.
Verlobt war sie mit Onkel Hans schon seit ca. 30 Jahren. Was einer Heirat im Wege stand, war, dass Tante Dolly im Westen Berlins in Wilmersdorf wohnte, bei der BFA arbeitete (Rentenversicherung) und Onkel Hans lebte und wohnte in Ostberlin.
Die kleine Geschichte, die ich hier erzähle, spielt in den Fünfzigern. Also noch vor dem Mauerbau. Tante Gerda war damals etwas über 50 Jahre und Onkel Hans als Teilnehmer des 1. Weltkriegs an die 80 Jahre alt.
Tante Gerda wäre nie in den Osten gezogen und Onkel Hans wollte seinen Friseursalon im anderen Teil der Stadt um keinen Preis der Welt aufgeben. Er brauchte seine Eigenständigkeit. Er wusste genau, wie seine Dauerverlobte zu diesem Unikat von Laden stand und mit Aufgabe des Geschäfts hätte sie ihn unter ihrer Fuchtel gehabt. Und das wollte er auf jeden Fall vermeiden.
Onkel Hans war Friseur.
Und der Salon befand sich unter den S-Bahn Brücken des Bahnhofs Jannowitzbrücke. Nicht weit vom Zentrum des Berliner Ostens entfernt. Das Skurrile des Ladens war, dass er nur über einen einzigen Bedienungsstuhl verfügte. Onkel Hans war Herrenfriseur. Trotz seines hohen Alters hatte der Onkel eine ganz ruhige Hand. Und die brauchte er auch dringend. Wenn nämlich über ihm die S-Bahn alle drei Minuten in beiden Richtungen hinwegrauschte, kam es zu solchen Erschütterungen, dass der große Spiegel an der Wand zu klappern begann und der alte Lederstuhl auf dem man saß, ebenfalls in leichte Bewegung geriet.
Ich musste das wissen. Denn ich war die einzig weibliche Kundin bei Onkel Hans im Laden. Ansonsten sah ich da immer nur alte Männer sitzen, die sich nicht nur die Haare schneiden, sondern mit Hilfe eines scharfen Messers auch noch rasieren ließen. War gerade Kundschaft im Laden, wenn ich mit meiner Mutter dort anmarschierte, so mussten wir draussen vor der Tür im Bahnhofsdurchgang warten. So viel Platz war im Inneren des Geschäftes nicht.
Von Zehlendorf war es eine halbe Weltreise dorthin. Aber meine Mutter schlug sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe bei diesen Friseurbesuchen.
Zum Ersten tauschte sie in der Westberliner Wechselstube eine DM im Kurs 1: 8 um, bekam folglich 8 Ostmark dafür. Die Fahrkarte kostete 20 Pfennig West. Die Berliner S-Bahn gehörte zur Reichsbahn und die wiederum gehörte der DDR. Das sagte man aber nicht, sondern man sprach von der Ostzone oder der Sowjetisch besetzten Zone. (SBZ). Der Friseurbesuch selbst, den meine Mutter beim Onkel bezahlte kam 50 Pfennige Ost.
Eine telefonische Verbindung gab es nicht, also verabredete man sich gleich auf diese Weise für ein kommendes Wochenende.
Ich mochte Onkel Hans nicht nur, weil er lustig war, sondern auch weil er all meinen Puppen aus echtem Menschenhaar Perücken in verschiedenen Haarfarben verpasst hatte. Normalerweise waren Puppen zu dieser Zeit aus Zelluloid. Meine auch. Aber zum Zwecke dieser Veredelung bekamen sie neue Köpfe. Auch diese fertigte der Onkel an. Hannelore hatte nun dunkelblondes dauergewelltes Haar. Gisela trug hellbraune Zöpfe und Christel einen weißen Bubikopf. Man konnte diese Haare waschen, ihnen Lockenwickler eindrehen und ihnen auch mal einen neuen Haarschnitt verpassen. Was allerdings von meiner Mutter unter Androhung schärfster Strafmassnahmen verboten war. Dann musste sie nämlich mit der Puppe wieder zur Janowitzbrücke fahren und Onkel Hans wurde zum Chirurgen und öffnete Hannelore, Gisela oder Christel die Schädeldecke. Das Puppenkind blieb dort und der Onkel versprach mir hoch und heilig, dass mein Kind nach dieser Operation in seiner Wohnung in einem schönen weichen Bettchen auf seine völlige Gesundung warten würde, bis wir es nach diesem schweren Eingriff wieder mit neuer Frisur abholen könnten. Damals hatte man noch Illusionen und glaubte das, was einem die Erwachsenen sagten.
Manchmal durfte ich auch bei Onkel Hans übernachten. Das war in sofern toll, als dass er eine alte Waage mit vielen Gewichten besaß.
Damit konnte ich mich den ganzen Tag beschäftigen. Es gab jede MengeTassen und Töpfe, Teller und Besteck abzuwiegen und in ein kleines Notizheft, dass er mir gekauft hatte einzutragen, was das einzelne Gewicht der vielen Objekte gewesen war.
Onkel Hans saß Abends mit mir am Küchentisch und wir spielten Halma. Ich fragte ihn dann immer nach Geschichten aus dem ersten Weltkrieg, den er in Frankreich teilweise verbracht hatte. Es waren keine schrecklichen Geschichten. Tote kamen da überhaupt nicht vor. Es ging eher um hübsche Französinnen und um Besuche in tollen Cafe`s.
Als ich das mal zu Haus meinem Vater gegenüber erwähnte, durfte ich nicht mehr bei dem alten Onkel übernachten. Er fand die Gespräche, die wir da führten nicht unbedingt kindgerecht.
Er war der ewige Verlobte meiner Tante Dolly, die auch nicht Dolly sondern Gerda hieß. Diesen Namen lehnte sie jedoch total ab.
War ich mit Tante Gerda allein, so bestand diese darauf, dass ich sie Dolly nannte. War meine Mutter zugegen, so legte die wiederum Wert auf „Tante Gerda“. Auch Onkel Hans musste „Dolly“ sagen.
Meine Mutter fand dieses Verwirrspiel um den Namen Dolly absolut affig. Nannte die feinen Netze, die Tante Dolly über ihrer Frisur zum Schutze gegen Sturm und Regen trug, immer leicht abfällig Kartoffelnetze.
Diese Tante war eine Cousine meiner Mutter und stammte ebenfalls aus Schlesien. Wie fast alle Berliner dieser Generation aus Schlesien oder Pommern kamen.
Verlobt war sie mit Onkel Hans schon seit ca. 30 Jahren. Was einer Heirat im Wege stand, war, dass Tante Dolly im Westen Berlins in Wilmersdorf wohnte, bei der BFA arbeitete (Rentenversicherung) und Onkel Hans lebte und wohnte in Ostberlin.
Die kleine Geschichte, die ich hier erzähle, spielt in den Fünfzigern. Also noch vor dem Mauerbau. Tante Gerda war damals etwas über 50 Jahre und Onkel Hans als Teilnehmer des 1. Weltkriegs an die 80 Jahre alt.
Tante Gerda wäre nie in den Osten gezogen und Onkel Hans wollte seinen Friseursalon im anderen Teil der Stadt um keinen Preis der Welt aufgeben. Er brauchte seine Eigenständigkeit. Er wusste genau, wie seine Dauerverlobte zu diesem Unikat von Laden stand und mit Aufgabe des Geschäfts hätte sie ihn unter ihrer Fuchtel gehabt. Und das wollte er auf jeden Fall vermeiden.
Onkel Hans war Friseur.
Und der Salon befand sich unter den S-Bahn Brücken des Bahnhofs Jannowitzbrücke. Nicht weit vom Zentrum des Berliner Ostens entfernt. Das Skurrile des Ladens war, dass er nur über einen einzigen Bedienungsstuhl verfügte. Onkel Hans war Herrenfriseur. Trotz seines hohen Alters hatte der Onkel eine ganz ruhige Hand. Und die brauchte er auch dringend. Wenn nämlich über ihm die S-Bahn alle drei Minuten in beiden Richtungen hinwegrauschte, kam es zu solchen Erschütterungen, dass der große Spiegel an der Wand zu klappern begann und der alte Lederstuhl auf dem man saß, ebenfalls in leichte Bewegung geriet.
Ich musste das wissen. Denn ich war die einzig weibliche Kundin bei Onkel Hans im Laden. Ansonsten sah ich da immer nur alte Männer sitzen, die sich nicht nur die Haare schneiden, sondern mit Hilfe eines scharfen Messers auch noch rasieren ließen. War gerade Kundschaft im Laden, wenn ich mit meiner Mutter dort anmarschierte, so mussten wir draussen vor der Tür im Bahnhofsdurchgang warten. So viel Platz war im Inneren des Geschäftes nicht.
Von Zehlendorf war es eine halbe Weltreise dorthin. Aber meine Mutter schlug sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe bei diesen Friseurbesuchen.
Zum Ersten tauschte sie in der Westberliner Wechselstube eine DM im Kurs 1: 8 um, bekam folglich 8 Ostmark dafür. Die Fahrkarte kostete 20 Pfennig West. Die Berliner S-Bahn gehörte zur Reichsbahn und die wiederum gehörte der DDR. Das sagte man aber nicht, sondern man sprach von der Ostzone oder der Sowjetisch besetzten Zone. (SBZ). Der Friseurbesuch selbst, den meine Mutter beim Onkel bezahlte kam 50 Pfennige Ost.
Eine telefonische Verbindung gab es nicht, also verabredete man sich gleich auf diese Weise für ein kommendes Wochenende.
Ich mochte Onkel Hans nicht nur, weil er lustig war, sondern auch weil er all meinen Puppen aus echtem Menschenhaar Perücken in verschiedenen Haarfarben verpasst hatte. Normalerweise waren Puppen zu dieser Zeit aus Zelluloid. Meine auch. Aber zum Zwecke dieser Veredelung bekamen sie neue Köpfe. Auch diese fertigte der Onkel an. Hannelore hatte nun dunkelblondes dauergewelltes Haar. Gisela trug hellbraune Zöpfe und Christel einen weißen Bubikopf. Man konnte diese Haare waschen, ihnen Lockenwickler eindrehen und ihnen auch mal einen neuen Haarschnitt verpassen. Was allerdings von meiner Mutter unter Androhung schärfster Strafmassnahmen verboten war. Dann musste sie nämlich mit der Puppe wieder zur Janowitzbrücke fahren und Onkel Hans wurde zum Chirurgen und öffnete Hannelore, Gisela oder Christel die Schädeldecke. Das Puppenkind blieb dort und der Onkel versprach mir hoch und heilig, dass mein Kind nach dieser Operation in seiner Wohnung in einem schönen weichen Bettchen auf seine völlige Gesundung warten würde, bis wir es nach diesem schweren Eingriff wieder mit neuer Frisur abholen könnten. Damals hatte man noch Illusionen und glaubte das, was einem die Erwachsenen sagten.
Manchmal durfte ich auch bei Onkel Hans übernachten. Das war in sofern toll, als dass er eine alte Waage mit vielen Gewichten besaß.
Damit konnte ich mich den ganzen Tag beschäftigen. Es gab jede MengeTassen und Töpfe, Teller und Besteck abzuwiegen und in ein kleines Notizheft, dass er mir gekauft hatte einzutragen, was das einzelne Gewicht der vielen Objekte gewesen war.
Onkel Hans saß Abends mit mir am Küchentisch und wir spielten Halma. Ich fragte ihn dann immer nach Geschichten aus dem ersten Weltkrieg, den er in Frankreich teilweise verbracht hatte. Es waren keine schrecklichen Geschichten. Tote kamen da überhaupt nicht vor. Es ging eher um hübsche Französinnen und um Besuche in tollen Cafe`s.
Als ich das mal zu Haus meinem Vater gegenüber erwähnte, durfte ich nicht mehr bei dem alten Onkel übernachten. Er fand die Gespräche, die wir da führten nicht unbedingt kindgerecht.
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