Sonntag, 15. November 2009

Der erste Besuch 1964 für Westberliner nach dem Mauerbau

Im Oktober 1964 konnten nach dem Mauerbau zum ersten Mal die Westberliner Anträge stellen, um ihre Verwandten 1. oder 2. Grades im Ostteil der Stadt zu besuchen. Ich war damals jung verheiratet 17 Jahre alt und hochschwanger. Die gesamte Familie meines Mannes lebte in der Ostzone, wie man sagte oder in Ostberlin. Nur er und seine Mutter hatten 1955 alles drüben stehen und liegen gelassen und waren nur mit einer Einkaufstasche gefüllt mit etwas Wäsche zum Wechseln und wichtigen Papieren per S-Bahn in den Westteil der Stadt geflüchtet.
Die Anträge für den Passierschein gab es an einem Wochenende in einigen Westberliner Schulen. Angenommen wurden sie durch Stasi-Leute, die man in DDR Post-Uniformen gesteckt hatte.
Stundenlang musste man sich dafür anstellen. Übernachtungen vor den Gebäuden in Zelten nicht ausgeschlossen. Ich weiß noch, dass meine Schwiegermutter sich mit meinem Mann immer wieder beim Warten ablöste. Da ich angeheiratet war, durfte ich mit einreisen.
Es ging um das Treffen von Bruder und Schwester meines Mannes. Der Besuch der Westberliner sollte zu Weihnachten gestattet werden. Sechs Wochen später, als man schon dachte, es würde überhaupt nicht klappen, rauschten wieder die kleinen Barkas-Busse Made in GDR an und die vermeintlichen Postangestellten besetzten die Schulen um nun die Genehmigungen auszuhändigen.
Das dauerte noch länger als bei der Antragstellung. Es war sehr nervenaufreibend. Viele warteten wieder die ganze Nacht durch.
Inzwischen waren die Verwandten im Osten der Stadt per Brief informiert und man sollte sich am Prenzlauer Berg in der kleinen Wohnung der Tante meines Mannes treffen. Als es dann am ersten Weihnachtsfeiertag soweit war, kann ich Euch gar nicht beschreiben was da an der Bornholmer Brücke los war. Der Übergang war vorgegeben. Es gab zwei Durchgänge. Auf dem einen Schild stand BÜRGER DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND und auf dem anderen EINWOHNER WESTBERLINS. Das allein war schon diskriminierend. Dann Passkontrolle, Zollkontrolle, kleine Sperre, große Sperre, enger Mauerdurchgang. Endlich sahen wir die Familie meines Mannes ganz hinten stehen. Bewacht von einem Pulk von Grenzern. Die Emotionen schlugen hoch. Lachen und Weinen. Die Familie kam aus allen Ecken der DDR zusammen. Ich kannte ja niemanden, doch man war lieb und freundlich zu mir und ich wurde genau so gedrückt und in die Arme genommen. Genau um Punkt 0.00 Uhr stand man wieder an der deutsch deutschen Grenze in der Hoffnung, dass es nicht das letzte Mal gewesen sei.

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